Im Jahre 1928 wurde die Erzbruderschaft vom hl. Sebastianus (Verband der katholischen Schützenorganisationen in Rheinland und Westfalen) gegründet. Es ist also fast 90 Jahre her, dass sich die katholischen Schützenbruderschaften zu einer Dachorganisation zusammengefunden haben. Eigentlich ist es verwunderlich, dass sie sich erst in jüngerer Zeit hierzu entschlossen, weisen doch viele von ihnen eine mehrhundertjährige Tradition auf. Gewiss entstand schon 1861 der Deutsche Schützenbund, in dessen Rahmen sich 1871 der Rheinische Schützenbund bildetet; jedoch muss angenommen werden, dass die katholischen Bruderschaften in der Hauptsache bis zur Gründung der Erzbruderschaften ihr eigenes Leben lebten, ohne an eine Dachorganisation gebunden zu sein, und sich im Wesentlichen nur örtlich betätigten.

Diese Einstellung der Bruderschaften ist insbesondere aus ihrer historischen Vergangenheit zu verstehen. Sie waren unter kirchlichem Einfluss entstanden und hielten stets eine enge Bindung mit der Kirche. Manche Bruderschaften hatten in der Kirche einen eigenen Altar, mit dem häufig große Stiftungen verbunden waren. Die Bruderschaften übernahmen die Sicherung kirchlicher Anliegen, kirchlicher Umzüge und Prozessionen.

Es darf nicht übersehen werden, dass sich die weltlichen und kirchlichen Landesherren in den unruhigen Zeiten des Mittelalters die Hilfe der Bruderschaften sicherten, die für sie eine wehrhafte Organisation darstellten und auch häufig zum Schutz gegen feindliche Soldaten und gegen plündernde Horden eingesetzt wurden. Die Landesherren unterstützten daher die Schützenbruderschaften und ließen ihnen manche Vorrechte zuteilwerden.

Die Bindung mit der Kirche besteht auch heute noch. Jede Bruderschaft hat in der Regel ihren Präses, in den Gremien des Zentralverbandes sind an verantwortlicher Stelle Glieder der katholischen Kirche beteiligt.

Wenn die Bruderschaften heute bei festlichen Anlässen aufziehen, ist vermutlich den wenigsten bewusst, was die Bruderschaften und ihre Vorfahren einst im Dienste der Kirche, der praktischen Nächstenliebe, ferner für ihre Heimat und Dorfgemeinschaft geleistet haben.

Mit der Gründung der Erzbruderschaft bildeten sich als Unterorganisationen die Kreisverbände. In dieser Zeit, am 7.Oktober 1928 wurde auch der Kreisverband Kempen (später Bezirksverband) gegründet. Der räumliche Umfang des Kreis- bzw. Bezirksverbandes ist nicht immer gleichgewesen. Zunächst waren die Grenzen des damaligen Kreisverbandes die des politischen Kreises Kempen-Krefeld. Dieses geht aus einem Protokoll der St.-Michaelis-Schützenbruderschaft Kempen hervor, aus dem sich ergibt, dass im Jahre 1928 eine Kreisversammlung stattgefunden hat. Auch heute ist der Bezirksverband Kempen nicht dem Dekanat Kempen gleichzusetzen.

Der Kreisverband Kempen-Krefeld wurde 1948 in vier Bezirke aufgeteilt, was aus dem Auszug aus der Niederschrift des ersten Deutschen Bruderschaftstag in Kevelaer vom 2. bis 5. Oktober 1948 wie folgt zu entnehmen ist:

Neue Bundesmeister! Kreis Kempen-Krefeld: Wegen der Größe des Kreises beschloss am 10.Juni 1948 die Delegiertentagung in Kempen auf Antrag von Diözesan-Bundesmeister Peter Lankes den Kreis in 4 Bezirke aufzustellen. Als Bundesmeister von Kempen wurde der Präsident der St.-Michaelis-Schützenbruderschaft Johannes Lufen, gewählt. Stadt und Kreis Krefeld erhält in Herrn Martin Clever von Krefeld-Velbert einen vorläufigen Bundesmeister. Den Bezirk Lobberich übernimmt Schützenbruder Johann Frank und für Dülken wurde Josef Fongeren in Brüggen am Niederrhein gewählt.

Der Bezirksverband Kempen umfasst zurzeit 14 Bruderschaften aus Kempen, St. Hubert, Schmalbroich, Benrad, Mülhausen, Oedt und Vorst.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass in Kempen und näherer Umgebung in den vergangenen Jahrzehnten noch weitere Bruderschaften bestanden, so in Schmalbroich die St.-Peter-Schützenbruderschaft und die St-Katharina-St.-Josef-Schützenbruderschaft Theberath. Die einst in Schmalbroich bestehende Steves-Junggesellen sind heute die St.-Stefanus-Schützenbruderschaft.

Die Führungskräfte des Kreis- bzw. Bezirksverbandes wurden vornehmlich von der St.-Michaelis-Schützenbruderschaft Kempen gestellt, welche aber heute nicht mehr Mitglied im Bezirksverband ist. Im Jahre 1928 übernahm Josef Dicks, der Schützenkönig der St.-Michaelis, den Vorsitz und blieb es bis zum zweiten Weltkrieg. Nach dem Kriege war Johannes Lufen kurze Zeit Vorsitzender des Bezirksverbandes (Bundesmeister); als er plötzlich zurücktrat, wurde Heinrich Geks sein Nachfolger. Ihm folgte 1953 Heinrich Peters in der Leitung des Bezirks. Nach dem tragischen Tode von Heinrich Peters (1961) wurde Wilhelm Zours Bundesmeister, der den Vorsitz bis zu seinem Tode (1973) innehatte. Sein Nachfolger wurde Aloys Steger. Er kam erstmals nicht von der St.-Michaelis-Bruderschaft, gehörte vielmehr der St.-Vitus-Bruderschaft 1473 Oedt an. Nachfolger von Aloys Steger wurde 1984 Johannes Toelkes von der St.-Marien-Schützenbruderschaft-Hüskes Krone-Schmalbroich. 1995 wurde Johannes Ingendae von der St.-Antonius-Männerschützenbruderschaft St.Hubert Voesch neuer Bundesmeister. Ihm folgte im Jahre 2000 Theo Kother von der St.-Marien-Schützenbruderschaft-Hüskes Krone-Schmalbroich. Theo Kother stand dem Bezirksverband 15 Jahre vor und ist heute unser Ehrenbezirksbundesmeister. Uli Loyen von der St.-Sebastianus Schützenbruderschaft Vorst, steht dem Bezirksverband als Bundesmeister seit 2015 vor und ist unser aktueller Bundesmeister.

Die Präsides des Kreis- bzw. Bezirksverbandes wurden hauptsächlich von der Propsteipfarre Kempen gestellt. Zunächst war es Probst Wilhelm Oehmen, der später auch Diözesan-Präses war. Dann wurde Pfarrer Johannes Schaath aus Mülhausen Präses des Bezirksverbandes. Als dieser nach Leuth versetzt wurde, folgte ihm Probst Oskar Claehsen wieder von der Propsteipfarre Kempen. Nach dessen Versetzung wurde Probst Dr. Josef Reuter bis zu seiner Pensionierung Bezirkspräses. Dessen Nachfolger wurde 2003 Propst Dr. Thomas Eicker, der das Amt bis heute innehat. Josef Reuter und Thomas Eicker stammen beide aus der Propsteipfarre Kempen.

Der Bezirksverband hat gegenüber den Bruderschaften mannigfache Aufgaben zu erfüllen. Bei deren Veranstaltungen ist er regelmäßig durch den Bezirksbundesmeister bzw. den stellvertretenden Bezirksbundesmeister vertreten. Er führt in den Bruderschaften die Ehrungen von verdienten Schützenbrüdern durch. Neben dem Bundesmeister, seinem Stellvertreter und dem Bezirkspräses sind im Bezirksvorstand unter anderem der Bezirksschießmeister und der Bezirksjungschützenmeister vertreten. Dem Bezirksschießmeister obliegt die Pflege und Überwachung des Schießsports, insbesondere die Organisation des Bezirkskönigsschießens. Der Bezirksjungschützenmeister soll sich für die Durchführung der besonders festgelegten Grundsätze der St.-Sebastianus-Schützenjugend einsetzen.

Der Bezirksverband ist nicht zuletzt ein wichtiges Bindeglied zwischen Bruderschaften und dem Diözesan- bzw. Zentralverband der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften. Der Bundesmeister gehört dem Diözesanbruderrat (Vorstand) an. Er ist ferner Mitglied des beim Zentralverband gebildeten Hauptvorstandes. Bei diesen Gremien kann er die Vorstellungen der Bezirksbruderschaften vortragen. Die Bruderschaften selbst nehmen als ordentliche Mitglieder des Zentralverbandes an den jährlichen Vertreterversammlungen teil.

Oftmals kommt die Frage auf, ob die Mitgliedschaft der Bruderschaften in dem Zentralverband notwendig ist. Es gibt zwar auch im Umkreis von Kempen Schützenbruderschaften, die nicht dem Zentralverband angeschlossen und sehr aktiv sind. Die Frage der Mitgliedschaft im Zentralverband ist gleichwohl unbedingt zu bejahen. Hingewiesen sei zunächst darauf, dass das Grundverhältnis zur kath. Kirche, zu dem sich Bruderschaften bekennen, in der heutigen Zeit durch den Zentralverband besonders wirksam herausgestellt wird. Im Rahmen des Verbandes findet die Pflege und Förderung des Schießsports in besondere Weise statt. Auch werden verschiedene Fortbildungen zu relevanten Themen angeboten bspw. Präventionsschulungen zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Natürlich ist ein Verbund von mehreren Bruderschaften auch immer eine Chance Barrieren zu überwinden, hier sei bspw. der Bau einer mobilen Schießanlage im Jahre 2015 erwähnt. Und letztlich wären Ehrungen verdienter Bruderschaftsmitglieder ohne Ehrung und Auszeichnung seitens des Zentralverbandes in einer Bruderschaft gar nicht denkbar.